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Zur Domestikation und Verbreitung der Katze gibt es viele Hypothesen. Die Forschung weiß bis jetzt nur wenig über die „Haustierwerdung“ unserer Samtpfoten und nach wie vor wird eifrig diskutiert, ob es sich bei der Hauskatze überhaupt um eine domestizierte Tierart handelt. Meist denkt man wohl zunächst an die alten Ägypter, wenn es um die Wandlung der Wild- zur Hauskatze geht. Doch liegt in Ägypten wirklich die Wiege unserer Stubentiger? Dieser Frage gingen die Forscher um die Evolutionsgenetikerin Eva-Maria Geigl vom Institut Jacques Monod in Paris nach, mit spannenden Ergebnissen.

Katze am Meer

© kevin_xiao888 / www.pixabay.com

Im Rahmen dieser groß angelegten Studie wurde die mitochondriale DNA[1] (mtDNA) von 209 Katzen untersucht, deren Überreste an mehr als 30 archäologischen Fundstätten in ganz Europa, dem Nahen Osten und Afrika gefunden wurden. Darunter sind Proben aus der Mittelsteinzeit, also der Zeit vor ca. 15.000 Jahren, kurz bevor die Menschheit sesshaft wurde, bis hin zu Proben aus dem 18. Jahrhundert. Der Arbeit ging eine Studie voraus, in der die mtDNA dreier mumifizierter Katzen aus dem alten Ägypten untersucht wurde.

So stellte sich heraus, dass wohl zwei große Migrationswellen zur Verbreitung der Katze führten. Denn die Beziehung zwischen Mensch und Katze scheint bereits vor mindestens 12.000 Jahren innerhalb des Fruchtbaren Halbmonds[2] ihren Anfang genommen zu haben. Damals begann der Mensch sesshaft zu werden und Getreide anzubauen, statt wie bisher als Jäger und Sammler umherzuziehen. Dieses angebaute Getreide wurde aufbewahrt und lockte Nager an, die dann vermutlich wieder wilde Katzen auf den Plan riefen, die der Mensch schon bald als nützlichen Schädlingsbekämpfer zu schätzen wusste. Mit den ersten Bauerngemeinschaften verbreiteten sich diese Katzen dann bis in den östlichen Mittelmeerraum. Ein 9500 Jahre alter Grabfund aus Zypern zeugt von dieser Zusammenarbeit, fanden sich hier doch neben menschlichen Überresten auch die einer Katze.

Die zweite Migrationswelle scheint sich vor etwa 6000 Jahren ereignet zu haben. Zu dieser Zeit begannen die alten Ägypter unabhängig etwaiger vorangegangener Ereignisse möglicherweise damit, wilde Katzen zu zähmen, die sich kurz darauf von Ägypten aus nach Eurasien und in Teile Afrikas verbreiteten, wie eine mitochondriale Abstammungslinie beweist, die bei ägyptischen Katzenmumien vom Ende des 4. Jahrhunderts vor bis ins 4. Jahrhundert nach Christus vorkam und auch in Überresten von Katzen aus Bulgarien, der Türkei und Schwarzafrika gefunden wurde, die aus dieser Zeit stammen. Es waren wohl die frühen Bauern und die Seefahrer, die die Katze in neue Gebiete mitnahmen. So fand sich diese DNA-Linie auch in kätzischen Überresten von einer Wikingerstätte in Norddeutschland aus der Zeit zwischen dem 8. und 11. Jahrhundert n. Chr. Dort wurde die Katze an der Seite ihres Herrchens bestattet.

Als zusätzliche Überraschung stellte sich im Zuge der Studie heraus, dass die gestromte Fellzeichnung der Katze („blotched“) erst ab dem Mittelalter auftrat.

Präsentiert wurden diese neuen Erkenntnisse schließlich von Eva-Maria Geigl zusammen mit ihren Kollegen Claudio Ottoni und Thierry Grange während des 7. Internationalen Symposiums über Biomolekulare Archäologie in Oxford.

Zum Weiterlesen: How cats conquered the world (and a few Viking ships)

[1] Die mtDNA wird im Gegensatz zur nuklearen DNA nur über die mütterliche Linie vererbt.
[2] https://www.proplanta.de/Agrar-Lexikon/Fruchtbarer+Halbmond_ll1148469984.html