Im kargen Lebensraum des Schneeleoparden herrscht nicht gerade ein üppiges Nahrungsangebot. Nahm man bisher an, dass sich die scheuen Großkatzen vorwiegend von kleinen Säugetieren, wie Murmeltieren, Hasen und Pfeifhasen ernähren, so gibt eine neue Studie der University of Delaware, die im Wildlife Society Bulletin veröffentlicht wurde, Grund zur Annahme, dass dies nicht den Tatsachen entspricht. Stattdessen scheinen es vorwiegend große Huftiere wie Steinböcke zu sein, die ein Überleben der Katzen in freier Wildbahn sichern.

© Pixel-mixer / www.pixabay.com
Die Analyse gesammelter Kotproben gilt als eine der am wenigsten invasiven Möglichkeiten, um die Ernährungsgewohnheiten von Tieren in freier Wildbahn zu untersuchen. Jedoch ist sie nicht immer die genaueste Option. Gelangen auch Proben von Nichtzielarten in die Analyse kann es passieren, dass Untersuchungsergebnisse verzerrt werden und ein falsches Bild entsteht. Wie beteiligte Forscher berichten, konzentriert man sich beim Sammeln von Kotproben vornehmlich auf morphologische Merkmale, wie Größe, Form und begleitende Hinweise auf die Zieltierart. Da sich der Kot unterschiedlicher Tierarten zum Teil ähnelt, sind Fehler möglich, die mitunter mit falsch interpretierten Bestandsschätzungen und Futterpräferenzen einhergehen. Das war hier geschehen.
Die Forscher der University of Delaware untersuchten 199 Kotproben aus zwei Untersuchungsgebieten in Tadshikistan aus dem Sommer 2012 und 56 Kotproben aus zwei Untersuchungsgebieten in Kirgisistan, die zwischen Juni und Dezember 2005 gesammelt wurden und vermeintlich alle von Schneeleoparden stammten. Als die Forscher die gesammelten Kotproben jedoch einer DNA-Analyse unterzogen, stellten sie fest, dass es sich bei nur 36,1 % der Proben wirklich um Schneeleopardenkot handelte. Meist war es Rotfuchskot (39,6 %), der fälschlicherweise Schneeleoparden zugeschrieben wurde.
In einem weiteren Schritt wurden die durch Genanalyse bestätigten Proben mit den vorherigen verglichen und es stellte sich heraus, dass in den tatsächlich bestätigten Proben weit weniger kleine Säugetiere nachgewiesen werden konnten. Diese sind wohl eher dem Rotfuchs zuzuschreiben, während die Anzahl kleiner Säugetiere auf dem Speiseplan des Schneeleoparden wohl eher überschätzt bzw. die Anzahl großer Huftiere unterschätzt wurde. Stabile Schneeleopardenpopulationen scheinen daher mehr von großen Huftieren abzuhängen, als bisher angenommen.
Ergebnisse, die die Wichtigkeit von DNA-Tests bei solchen Untersuchungen unterstreichen. Denn ein solch falsches Bild kann die Erhaltungsbemühungen beeinträchtigen. Nur wenn man weiß, was die scheuen Katzen wirklich fressen, ist es auch möglich diese Beutetiere – im Fall des Schneeleoparden die großen Huftierpopulationen – gezielt zu schützen, um die Nahrungsgrundlage der Tiere zu sichern und Übergriffe auf Nutztiere zu vermeiden.
Referenz: Sarah R. Weiskopf, Shannon M. Kachel, Kyle P. McCarthy. What are snow leopards really eating? Identifying bias in food-habit studies. Wildlife Society Bulletin, 2016; 40 (2): 233 DOI: 10.1002/wsb.640