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Aus der Wissenschaft
Trockenfutter erhöht Risiko für Katzen an Diabetes Typ 2 zu erkranken
Der Diabetes mellitus ist neben der SDÜ die häufigste endokrine Erkrankung der Katze und die Anzahl der Fälle stieg in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich an. Man geht davon aus, dass 1 von 200 Katzen irgendwann in ihrem Leben einen Diabetes entwickelt. Von rund 13 Mio. Tieren in Deutschland wären demnach statistisch 65.000 betroffen.
Einige Zahlen
Bei Untersuchungen in Schweden aus dem Jahr 2015 kamen die Forscher auf eine Häufigkeit von 11,6 Fällen je 10.000 Patientenjahren.1, in Großbritannien war es 2007 1 von 230 Katzen (0,43 %)2, beide Male wurden Katzen untersucht, die in einer Tierkrankenversicherung versichert waren. Eine andere Studie kam im Vereinigten Königreich 2016 auf eine Häufigkeit von 0,58 %3, eine in Australien 2009 auf 0,74 %4, während es in den USA 2007 1,24 %5 der untersuchten Katzen waren, die betroffen waren.
Risikofaktoren
Die Risikofaktoren einen Diabetes zu entwickeln sind bei Mensch und Katze ähnlich. Übergewicht, das Alter und zu wenig Bewegung. Bei den Katzen kommen das Geschlecht, die Haltungsform, die Ernährung und ggf. die Behandlung mit bestimmten Medikamente hinzu. Hauptziel der Studie Environmental Risk Factors for Diabetes Mellitus in Cats6 war es nun, eine Verbindung zwischen Umgebungsfaktoren und der Entwicklung eines Diabetes mellitus herzustellen.
Trockenfutter erhöht bei normalgewichtigen Katzen das Diabetesrisiko
Während Übergewicht als Risikofaktor für einen Typ-2-Diabetes schon lange bekannt ist und indirekt auch mit einer falschen Fütterungspraxis in Verbindung stehen kann, so ist eine neue Erkenntnis dieser Studie, dass auch normalgewichtige Katzen, die vorwiegend mit Trockenfutter gefüttert werden, ein höheres Risiko haben, an einem Diabetes mellitus zu erkranken, als jene, die vorwiegend Nassfutter erhalten.
Die Erklärungen der Forscher hierzu sind nachvollziehbar. Katzen sind obligate Karnivoren, deren natürliche Nahrung vorrangig aus proteinreichen Beutetieren besteht. Entsprechend ist der Stoffwechsel der Katze kaum darauf ausgerichtet, Kohlenhydrate als Energiequelle zu nutzen. So fehlen ihr beispielsweise Enzyme, die im Normalfall am Kohlenhydratstoffwechsel beteiligt sind, wie die Speichelamylase; andere wie die Pankreasamylase und die Disaccharidasen, die zur Aufspaltung von Kohlenhydraten notwendig sind, sind nur gering aktiv.
Kohlenhydratreiches Futter führt bei gesunden Katzen zu höheren Glukose- und Insulinkonzentrationen nach einer Mahlzeit. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie) und der darauf folgende erhöhte Insulinspiegel sind wiederum mit einem verlängerten und erhöhten Einsatz der Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse verbunden, die Insulin bilden und ausschütten. Diese Überbelastung nimmt man als Hauptursache für das Versagen der insulinbildenden Zellen bei der Entwicklung eines Diabetes mellitus bei Katzen an. Speziell wenn über längere Zeit kohlenhydratreiche Futtermittel verzehrt werden, können empfängliche Katzen (solche mit geringer Insulinsensitivität) einen Diabetes mellitus entwickeln.
Trockenfuttermittel enthalten in der Regel einen höheren Anteil an Kohlenhydraten. Ein Unterschied hinsichtlich der Fütterungsmethode zeigte sich indes nur bei normalgewichtigen Katzen, was darauf schließen lässt, dass übergewichtige Katzen unabhängig von der Wahl des Futtermittels immer ein höheres Risiko besitzen, einen Diabetes mellitus zu entwickeln. Bei bereits erkrankten Katzen sind die positiven Auswirkungen einer kohlenhydratarmen Diät bereits seit längerem bekannt.
Weitere Risikofaktoren
Neben der Ernährung ergaben sich im Rahmen der Studie weitere Risikofaktoren, die die Entstehung eines Diabetes mellitus begünstigen können.
Haltungsform und Aktivitätsgrad
Katzen, die sich zu wenig bewegten, wiesen in Wohnungshaltung ein höheres Risiko auf als Freigänger. Bei aktiven Katzen gab es keine Unterschiede zwischen Wohnungskatzen und Freigängern.
Geschlecht und Rasse
Männliche Katzen waren doppelt so häufig betroffen wie weibliche Katzen. Norwegische Waldkatzen und Burmesen hatten ein höheres Risiko als Hauskatzen; Birmakatzen und Perser ein geringeres Risiko einen Diabetes mellitus zu entwickeln.
Futtermanagement
Katzen, die ad-libitum gefüttert wurden, hatten ein geringeres Risiko einen Diabetes mellitus zu entwickeln, während sich gieriges Fressen als Risikofaktor erwies. Es ist jedoch unklar, ob sich dies auf bestimmte Futtermittel bezieht, die wiederum mit der Entwicklung eines Diabetes mellitus in Verbindung stehen oder ob hier zum Teil der krankhaft gesteigerte Appetit beschrieben wird, den viele Katzen vor der Diabetesdiagnose zeigen.
Medikamente
Es besteht eine deutliche Verbindung zwischen vorhergehenden Cortisongaben und dem Risiko, einen Diabetes zu entwickeln. Die Forscher empfehlen hier insbesondere bei Katzen im mittleren Alter mit Übergewicht Vorsicht walten zu lassen.
Andere Tiere im Haushalt
Lebten ein Hund oder andere Tiere mit im Haushalt senkte dies das Risiko, einen Diabetes zu entwickeln.
Durchführung der Studie
Die durchgeführte Studie ist die aktuell größte Fall-Kontroll-Studie zu Diabetes mellitus bei Katzen. Sie basiert auf einer web-basierten Umfrage, die über vier Monate lief. 2066 Katzen, darunter 396 Diabeteskatzen und 1670 Kontrollkatzen wurden basierend auf 48 Fragen ausgewertet.
Die Fragen beschäftigten sich mit dem Alter, der Rasse und dem Geschlecht der Tiere, es wurde abgefragt, ob diese kastriert waren, wie der körperliche Zustand und das Allgemeinbefinden sind, wie die Ernährung aussieht und wie aktiv die Tiere sind. Die meisten Katzen waren Hauskatzen (81 %), Kater waren 56 % vertreten und Kätzinnen 44 %. Die meisten der Tiere waren kastriert (unkastrierte Kater: 0,2 %, unkastrierte Kätzinnen: 1,6 %).
779 der Katzen wurden ausschließlich mit Trockenfutter ernährt, 203 mit Nassfutter und 1084 erhielten eine Mischfütterung aus beiden Komponenten.
Veröffentlicht wurde Environmental Risk Factors for Diabetes Mellitus in Cats online am 1. Dezember 2016 und wird auch in der digitalen Januar-Februar-Ausgabe des Journal of Veterinary Internal Medicine (JVIM), einem Produkt des American College of Veterinary Internal Medicine (ACVIM) vertreten sein.
(Update 27.01.2017: Artikel zur Verdeutlichung um einige Zahlen und Referenzen ergänzt)
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- Öhlund M, Fall T, Ström Holst B, Hansson‐Hamlin H, Bonnett B, Egenvall A. Incidence of Diabetes Mellitus in Insured Swedish Cats in Relation to Age, Breed and Sex. Journal of Veterinary Internal Medicine. 2015;29(5):1342-1347. doi:10.1111/jvim.13584. [↩]
- McCann TM, Simpson KE, Shaw DJ et al. Feline diabetes mellitus in the UK: the prevalence within an insured cat population and a questionaire-based putative risk factor analysis. J Feine Med Surf 2007; 9: 289-299 [↩]
- O’Neill DG, Gostelow R, Orme C, et al. Epidemiology of Diabetes Mellitus among 193,435 Cats Attending Primary‐Care Veterinary Practices in England. Journal of Veterinary Internal Medicine. 2016;30(4):964-972. doi:10.1111/jvim.14365. [↩]
- Lederer R, Rand JS, Jonsson NN et al. Frequency of feline diabetes mellitus and breed predisposition in domestic cats in Australia. Vet J. 2009;172(2):254-258. [↩]
- Prahl A, Guptill L., Glickman NW, et al. – Time Trends and risk factors for diabetes mellitus in Cars presented to veterinary teaching Hospitals. J Gel Med Surg 2007, 9 (5): 351 – 358 [↩]
- Öhlund, M., Egenvall, A., Fall, T., Hansson-Hamlin, H., Röcklinsberg, H. and Holst, B.S. (2017), Environmental Risk Factors for Diabetes Mellitus in Cats. J Vet Intern Med, 31: 29–35. doi:10.1111/jvim.14618 [↩]