Fortpflanzung
Aussagen rund um die Katzenkastration - Mythos oder Wahrheit
1.) Die Katze muss vor der Kastration mindestens einmal rollig gewesen sein.
Das ist so nicht richtig. Grundsätzlich spielt es keine Rolle, ob eine Katze vor der Kastration einmal rollig war oder nicht. Die „Hormonbelastung“ durch die Rolligkeit kann allerdings schädliche Folgen haben und die Bildung von Zysten und Tumoren begünstigen. Was man nach Möglichkeit vermeiden sollte, ist, die Katze während der Rolligkeit kastrieren zu lassen. Hier ist es sinnvoller, die Katze ausrollen zu lassen oder, wenn nötig, die Rolligkeit medikamentös zu beenden, da während der Rolligkeit ein höheres OP-Risiko besteht.
2.) Eine Katze muss mindestens einmal Kitten bekommen haben/ eine Katze, die nicht mindestens einmal geworfen hat, wird nicht richtig erwachsen
Rein aus gesundheitlicher Sicht ist es völlig unnötig, eine Katze einmal werfen zu lassen, bevor sie kastriert wird. Was das Erwachsen werden angeht. Mein ganz persönlicher, subjektiver Eindruck ist, dass man es einer Katze schon anmerkt, wenn sie schon einmal einen Wurf Kitten großgezogen hat. Dass kastrierte Katzen jedoch (im entsprechenden Alter) nicht auch erwachsener werden, kann ich so nicht bestätigen. Manche Katzen bleiben zeit ihres Lebens kleine Chaoten, was aber eher eine Charakterfrage denn eine Kastrationsfrage sein dürfte.
3.) (Früh-)Kastrierte Kater wachsen nicht mehr und bekommen keinen Katerkopf
Relativ häufig hört man, dass Kater, die vor dem Ende des ersten Lebensjahres kastriert wurden, nicht mehr wachsen würden und eher wie Kätzinnen, denn stattliche Kater aussehen würden. Das stimmt so nicht, was die vielen wirklich großen kastrierten Kater mit deutlichem Katerkopf beweisen. Bleibt ein Kater zierlich, spielen auch oft Veranlagung oder zum Teil auch eine „schlechte Kinderstube“ eine Rolle. Es ist übrigens so, dass es bei Katern, die vor Eintritt der Geschlechtsreife kastriert werden, zu so genanntem „dysproportioniertem Hochwuchs“ kommen kann, da der Schluss der Wachstumsfugen verzögert und das Knochenwachstum verlängert wird. In der Regel ist es jedoch so, dass dieser Hochwuchs so unscheinbar ist, dass er Katzenhaltern kaum auffällt.
4.) Kastrierte Katzen werden übergewichtig
Fakt ist, dass der Energiebedarf einer kastrierten Katze um 24 bis 33 Prozent niedriger ist, als der einer potenten, unkastrierten Katze. Frisst die Katze nun die gleichen Mengen wie zuvor, kann es sein, dass sie übergewichtig wird. Die meisten Katzen sind jedoch durchaus in der Lage, ihr Fressverhalten an den geringeren Energiebedarf anzupassen. Ist dies nicht der Fall, ist der Halter gefragt, der seine Katzen a) hochwertig ernährt (ganz gleich, ob kastriert oder unkastriert) und b) die Futtermenge so anpasst, dass die Katze ihr Idealgewicht hält. Dabei sollte man nicht vergessen, dass sich eine Katze, die mit einem halben Jahr kastriert wird, noch mitten im Wachstum befindet und eventuell mehr Futter braucht, als eine erwachsene kastrierte Katze. Hier hilft regelmäßiges Wiegen.
5.) Kastrierte Katzen (v. a. Kater) neigen zu Harnsteinen
Kastrierte Kater haben grundsätzlich ein höheres Risiko an Harnsteinen zu erkranken, als unkastrierte Kater. Eine Studie der WINN Feline Foundation (1991), die sich mit der Frühkastration von Katzen beschäftigte, ergab jedoch, dass die Entwicklung der Harnwege durch die Frühkastration nicht negativ beeinflusst wurde. Eine mögliche Erklärung für das erhöhte Risiko bei kastrierten Tieren ist, dass Trägheit und Übergewicht, die Bildung von Harnsteinen begünstigen können. Wird ein Kater nun übergewichtig, weil dem veränderten Energiebedarf nicht Rechnung getragen wird, kann sich das Risiko, Harnsteine zu entwickeln, erhöhen.
6.) Wohnungskatzen müssen nicht kastriert werden
Häufig herrscht die Annahme, Wohnungskatzen müssten nicht kastriert werden, da es in der Wohnung ja nicht zu einer Deckung kommen kann, außer wenn Kater und Katze im Haushalt leben. Das ist natürlich grundsätzlich richtig, jedoch sind rollige Katzen zum einen sehr erfinderisch, wenn sie aus der Wohnung zum Kater fliehen wollen und zum anderen können ständige Rolligkeiten, schwere gesundheitliche Folgen haben (z. B. durch Dauerrolligkeit). Ein potenter Kater in der Wohnung kann durch Markieren und andere, vom Menschen meist nicht so gern gesehene Verhaltensweisen, das harmonische Zusammenleben stark beeinträchtigen.
7.) Kastrierte Kater markieren nicht
Wird ein Kater kastriert, bevor er beginnt, die Wohnung zu markieren, stehen die Chancen gut, dass er es auch zukünftig bleiben lässt. Hat ein Kater das Markieren schon für sich entdeckt, kann es gut sein, dass er diese „Macke“ auch nach der Kastration beibehält. Wichtig ist, zu unterscheiden, ob es sich wirklich um Markieren oder vielleicht nicht doch um Protestpinkeln handelt.
8.) Man nimmt den Katzen den Spaß/ Katzen müssen ihre Sexualität ausleben dürfen
Einmal vom Tierschutzgedanken abgesehen (man werfe einen Blick in die übervollen Tierheime und auf die Zahlen heimatloser Streunerkatzen), dient die Paarung bei der Katze vor allem dem Arterhalt, gesteuert vom Fortpflanzungstrieb. Ob der Kätzin, der für sie schmerzhafte Akt oder eine vor allem stressige Rolligkeit Spaß macht? Auch für den Kater kann der „Spaß“ schwerwiegende Folgen haben, von Wunden nach Katerkämpfen bis hin zu tödlich verlaufenden Infektionskrankheiten. Ob die Tiere Spaß in dem Sinne empfinden, was der Mensch unter Spaß versteht, wird man kaum beurteilen können, jedoch kann der mögliche „Spaß“ einen sehr hohen Preis haben und irgendwo greift auch die Verantwortung als Tierhalter.
9.) Einem gesunden Tier ohne triftigen Grund gesunde Organe zu entnehmen ist Tierquälerei und verstößt gegen das Tierschutzgesetz.
Im § 6 des Tierschutzgesetzes steht:
(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn
1. 1. der Eingriff im Einzelfall
1. a) nach tierärztlicher Indikation geboten ist oder5. zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder – soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen – zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird.
Natürlich kann man diesen Absatz auf unterschiedliche Arten auslegen, jedoch ist es bei Freigängerkatzen (ganz gleich ob Katze oder Kater) nicht wirklich möglich, eine unkontrollierte Fortpflanzung zu verhindern, wenn man diese nicht kastriert. Auch Wohnungskatzen können durchaus mal durch die Tür entwischen. Dazu kommt, dass die Kastration bei Katzen eine sinnvolle Vorbeugung zahlreicher Krankheiten, wie z. B. Entzündungen der Gebärmutter oder von Mammatumoren darstellt. Bei Katern betrifft dies potenzielle Tumoren an Prostata und Keimdrüsen, deren Risiko durch die Kastration gemindert wird. Inwieweit man eine potente Katze/einen potenten Kater in Wohnungshaltung artnah halten kann, ist noch einmal eine ganz andere Frage.
10.) Frühkastrationen sind schädlich
Die Frühkastration, also die Kastration von Kitten (ab der 7. Woche) ist erwiesenermaßen nicht mehr oder weniger schädlich als eine „normale“ Kastration, ganz im Gegenteil. Die Kitten sind im Normalfall schneller wieder fit und die Frühkastration bietet auch weitere Vorteile.
11.) Katzen werden sterilisiert, Kater kastriert
Auch so eine Aussage, die sich hartnäckig hält. Grundsätzlich bezeichnet die Sterilisation das Durchtrennen oder Abbinden der Keimdrüsen, die Kastration die Entfernung dieser. Beide Eingriffe können grundsätzlich sowohl bei Katze als auch Kater vorgenommen werden. Sinnvoller ist es jedoch, sowohl Katze als auch Kater kastrieren zu lassen.
12.) Würden alle kastrieren, würden die Katzen aussterben
Da es nach wie vor ausreichend Katzenhalter gibt, die ihre Katzen nicht kastrieren lassen, wird dies nicht passieren. Dazu kommen die sich stetig vermehrenden Streuner und natürlich auch noch die Katzen aus der Zucht.
13.) Kastrierte Katzen werden faul/ruhig und fangen keine Mäuse mehr
Meist ist das Gegenteil der Fall. Durch den Wegfall des Fortpflanzungstriebs haben die Katzen viel mehr Zeit, sich der ausgiebigen Jagd zu widmen und so entwickeln sich gerade kastrierte Katzen oft zu hervorragenden Jägern und sind oft auch viel verspielter und anhänglicher, als ihre potenten Artgenossen. Ruhiger werden die Tiere vor allem in der Hinsicht, dass der Fortpflanzungstrieb wegfällt und die Unruhe in der Rolligkeit oder bei der Suche nach aufnahmebereiten Kätzinnen unterbleibt.
14.) Eine Katze muss mindestens 2,5 Kilogramm wiegen / 6 Monate alt sein, um kastriert werden zu können
Das stimmt so nicht, siehe Frühkastration. Allerdings sollte die Kastration bei sehr jungen Tieren immer von einem Tierarzt ausgeführt werden, der Erfahrung mit der Frühkastration hat, da Narkose etc. entsprechend angepasst werden müssen.
15.) Die Kastration ist gefährlich
Grundsätzlich gehört die Kastration zu den absoluten Routineoperationen und es treten sehr selten Komplikationen /Probleme auf. Vorteilhaft ist auch, dass es sich bei den Tieren, die kastriert werden, meist um junge und gesunde Tiere handelt. Nichtsdestotrotz ist es natürlich eine OP mit einem Narkoserisiko und allgemeinem OP-Risiko. Dieses geringe Risiko kann durch gründliche Voruntersuchungen, einen kompetenten Tierarzt und eine schonende Narkosemethode noch weiter minimiert werden.
Weiterführende Infos
Kastration von Katzen – gesundheitliche Auswirkungen
Infos zur Frühkastration
Kastration oder Sterilisation – der kleine Unterschied
FAQ Katzenkastration
(Bild: (c) Wandersmann / pixelio.de )
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