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Im tierischen Bereich gibt es mittlerweile viele Berufsbilder und es werden stetig mehr. Bei manchen davon weiß man schon durch den Namen, womit man es zu tun hat, andere sind eher unbekannt. In unserer neuen Interviewreihe „Was macht eigentlich…“ stellen wir euch verschiedene tierisch Tätige und ihre Berufe im Interview vor.

Den Anfang macht heute Tierphysiotherapeutin Kathrin Schurig von VitaliTier.

Hexe: Hallo Kathrin, herzlichen Dank, dass du dir die Zeit nimmst, uns einige Fragen zu deinem Beruf zu beantworten. Stellst du uns kurz deinen Beruf Tierphysiotherapeutin vor?

Kathrin: Physiotherapie kennt fast jeder. Nach einem Unfall, einer Operation oder bei körperlichen Beschwerden wie Knie-, Hüft- oder Schulterschmerzen schicken Ärzte ihre Patienten gerne zur Physiotherapie. Ich arbeite als Physiotherapeutin für Hunde, Katzen und Pferde. Dabei verwende ich ähnliche Therapiearten und Geräte wie aus der Humanphysiotherapie bekannt. Ich helfe den Tieren wieder schneller zu genesen oder verringere gezielt chronische Schmerzen wie z.B. bei Arthrosen.

Neben Therapiearten wie der klassischen Massage, setze ich auch physikalische Geräte wie Elektro- und Lasertherapie ein. Auch manuelle Therapien wie passives Dehnen oder Triggerpunktbehandlung sowie aktive Übungen mit dem Tier machen einen großen Teil meiner täglichen Arbeit aus.

© Kathrin Schurig / VitaliTier

Zu mir kommen Tiere mit Erkrankungen wie Hüftdysplasie und Ellbogendysplasie. Andere Kunden haben Tiere mit Bandscheibenvorfällen, Arthrosen, Verspannungen und anderen Problemen. Manchmal schicken auch Hundetrainer Hunde mit Angst- oder Aggressionsproblematiken in meine Praxis, da diese Hunde meistens auch mit Verspannungen und Blockaden zu kämpfen haben.

Gerne mache ich auch die sog. Check-Ups als Prophylaxe, weil ich hier schon bei kleineren Problemen eingreifen kann bevor größere Baustellen entstehen. Besonders spannend sind dabei die Welpenbesuche oder die Betreuung von Sporthunden vor Turnieren.

Hexe: Wie müssen wir uns denn „einen Tag im Leben einer Tierphysiotherapeutin“ vorstellen?

Kathrin: Ganz ehrlich: manchmal ist es schon anstrengend, gerade bei Pferden ist es durchaus körperlich schwere Arbeit. Aber wenn ich sehe, dass ich einem Tier helfen kann, dann ist das jede Mühe wert. Ich kann mir kaum eine spannendere und erfüllendere Arbeit vorstellen. Ich liebe meinen Job.

© Kathrin Schurig / VitaliTier

Zum normalen Arbeitsalltag gehört neben dem Herrichten der Praxis zu Arbeitsbeginn natürlich die Vorbereitung auf die kommenden Patienten. Spätestens direkt vor dem jeweiligen Termin schaue ich in die Patientenakte um mir den letzten Termin in Erinnerung zu rufen: wie ging es dem Tier, was habe ich gemacht, was für „Hausaufgaben“ wurden dem Besitzer mitgegeben. Dann folgen die Termine. Tatsächlich freue ich mich zu 99 % meiner Zeit auf meine Patienten. Aber es gibt auch mal unschöne Termine, bei denen traurige Themen angesprochen werden müssen. Solche Termine nehmen mich dann schon mit, da ich im Laufe einer Therapie eine Bindung zu meinem Patienten aufbaue.

Manchmal stehen auch Begleitbesuche bei Tierärzten oder Tierkliniken an. Ansonsten gibt es selbstverständlich noch den „Papierkram“ wie Rechnungen schreiben, Überweisungen versenden, Seminare vorbereiten.

Für die Pferde-Patienten fahre ich natürlich zu den Ställen und arbeite, teilweise auch mit Geräten, dort an passender Stelle. Hin und wieder habe ich auch Hausbesuchstermine für Hunde und Katzen. Nach Arbeitsende wird die Praxis aufgeräumt und geputzt bzw. das Auto wieder ausgeräumt.

Es gibt auch Kollegen/innen in der Kleintierphysiotherapie die eine sog. Fahrpraxis haben, d.h. die kommen zu all ihren Patienten nach Hause. Mobil kommen somit die Fahrzeiten zwischen den Patienten hinzu.

Hexe: Wie wird man denn Tierphysiotherapeutin? Gibt es da eine anerkannte Ausbildung? Drückt man die Schulbank? Oder lernt man vielleicht wie in einem „normalen“ Ausbildungsberuf auch bei anderen Tierphysiotherapeuten? Macht man Praktika?

Kathrin: Leider gibt es nach wie vor keine staatlich anerkannte Ausbildung, noch gibt es einheitliche Ausbildungsinhalte. Somit ist es eine privat finanzierte Ausbildung bei einem der inzwischen vielen Institute, Akademien etc. Hier unterscheiden sich durchaus Länge und Intensität der Ausbildung. Man muss also erstmal viel Geld investieren. Meistens kann man diese Ausbildungen aber nebenberuflich machen. Entscheidend finde ich einen möglichst hohen Praxisanteil. Dieser kann natürlich auch in Form von Praktika selbstständig erworben werden. Außerdem besuche ich z.B. auch regelmäßig Fortbildungen.

Hexe: Arbeitet der Tierphysiotherapeut auch mit dem Tierarzt/Tierheilpraktiker zusammen? Wie ist das denn bei dir z. B.?

Kathrin: Ja, natürlich. Zum einen überweisen Tierärzte nach Operationen an uns. Oder auch mal, wenn sie bei Lahmheiten oder Schmerzen Verspannungen oder Blockade vermuten. Wenn ich mir was wünschen dürfte, dann wäre es ein noch besseres Verständnis der Ärzte, was wir Physios eigentlich machen. Umgekehrt schicken wir aber auch zu Tierärzten oder in Tierkliniken für weitere Diagnostik. Gerade Röntgenbilder oder auch mal ein CT/MRT sind wichtig für eine zielgerichtete Therapie.

Ich selber arbeite diesbezüglich mit einer ortsansässigen Tierklinik zusammen. Ich habe auch schon eine Tierheilpraktikerin hinzugezogen. Momentan arbeite ich viel mit einer Tierakupunkteurin zusammen.

Ich glaube, dass wir das beste Ergebnis für unsere Patienten erreichen, wenn alle Fachbereiche zusammenarbeiten und sich gegenseitig unterstützen.

Hexe:Sagen wir mal, eine von uns sollte z. B. nach einer Verletzung Physiotherapie bekommen. Worauf sollten wir deiner Meinung nach bei der Auswahl der Therapeutin/des Therapeuten achten?

Kathrin:
Zum einen finde ich den Umgang des Therapeuten mit dem Tier ganz wichtig. Ich mag keine Grobheiten, sondern versuche dem Tier Zeit zu geben sich an mich zu gewöhnen. Ich hatte auch schon Patienten, die das erste Mal skeptisch waren. Beim zweiten Besuch war ich dann schon nicht mehr ganz so aufregend und inzwischen dauert es keine 5 min bis sie vor Entspannung halb einschlafen.

© Kathrin Schurig / VitaliTier

Zum anderen sind natürlich auch die Fachkenntnisse wichtig. Hier ist es schon schwieriger einen echten Überblick zu erhalten. Empfehlungen von anderen Tierbesitzern/innen sind sicherlich eine Möglichkeit einen Therapeuten zu finden. Ansonsten schadet ein Besuch auf der Therapeuten-Webseite sicherlich nicht. Ich würde mir dabei anschauen wie lange der Therapeut/die Therapeutin schon in diesem Beruf arbeitet und ob sie/er Erfahrungen mit meiner Tierart hat. Meiner Erfahrung nach, sollte man einfach den/die Therapeuten/in kontaktieren und bei einem ersten Gespräch auf das Bauchgefühl achten.

Und ich denke, letztlich ist dann entscheidend, dass es dem Tier durch die Behandlungen des Therapeuten besser geht.

Hexe: Angenommen wir haben jetzt einen Physiotherapeuten gefunden, der uns geeignet erscheint, wie müssen wir uns dann den weiteren Ablauf vorstellen? Jetzt bei dir z. B. wir schreiben dir eine Mail oder rufen dich an und wie geht es dann weiter?

Kathrin: Wenn ich eine Anfrage bekomme, bespreche ich mit dem Besitzer erstmal die allgemeinen Fragen zum Patienten. Besonders wichtig ist auch zu erfahren, welche Untersuchungen schon gemacht wurden. Gibt es bereits Röntgenbilder oder einen Überweisungsbericht vom Tierarzt möchte ich diese gerne sehen. Sind Besitzer und Tier dann bei mir oder ich bei ihnen, ist mir vor allem wichtig einen positiven Kontakt zum Tier herzustellen. Ein Gespräch mit dem Patientenbesitzer zur Anamnese findet natürlich ebenfalls statt.

Danach erfolgt eine physiotherapeutische Grunduntersuchung mit Ganganalyse. Auch wenn es eine klare Diagnose gibt, schaue ich mir das Tier im Gesamten an bzw. taste alle Körperbereiche ab, denn oft sind bereits Folgeproblematiken entstanden. Beispiel: Wenn der Hund an den Hinterbeinen ein Problem hat, das schon länger besteht, sind oft die Schultern bereits verspannt. Kümmere ich mich auch darum, kann ich dem Tier noch besser helfen. In der Regel ist dann auch bereits eine Therapieeinheit möglich. Ich achte darauf, dass das Tier einen positiven Abschluss empfindet, denn mein Patient soll ja gerne wiederkommen. Am Ende steht wieder ein Gespräch mit dem Patientenbesitzer an: Therapieziel, Therapieweg, Aufgaben für den Besitzer, weitere Termine etc werden besprochen.

Die Folgetermine sind in der Regel kürzere Einheiten. Im Laufe der Therapie kontrolliere ich den Therapieverlauf und passte den Plan ggf. an.

Hexe: Und die Kosten? Macht da jeder Tierphysiotherapeut seine eigenen Preise oder gibt es da auch eine Gebührenordnung wie bei den Tierärzten?

Kathrin: Nein, es gibt keine Gebührenverordnung wie bei den Tierärzten. Folglich kann jeder Therapeut seine eigenen Preise gestalten. In der Regel haben wir Therapeuten in unserer Region aber ähnliches Preise.

Und noch ein Tipp: es lohnt sich eine Anfrage bei der eigenen Tierkrankenversicherung, (falls man eine abgeschlossen hat). Denn teilweise werden die Kosten für die physiotherapeutischen Behandlungen sogar übernommen.

Hexe: Damit sind wir auch schon durch mit unseren neugierigen Fragen. Herzlichen Dank für deine ausführlichen und spannenden Antworten. Wir sind sicher, dass sich unsere Leser jetzt ein wenig mehr unter deinem tierischen Beruf vorstellen können. Wir wünschen dir und deinen Lieben alles Gute und dir weiterhin viele zufriedene Kunden.

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Über Kathrin Schurig

Kathrin Schurig arbeitet seit 2013 als Physiotherapeutin für Hunde, Katzen und Pferde in München. Ihr Therapieangebot umfasst neben der klassischen Physiotherapie auch Osteopathie, Dorntherapie, Hundesportbegleitung und mehr. Sie arbeitet in ihrer Praxis sowohl mit manuellen Methoden als auch mit verschiedenen Gerätetherapien wie mittels Elektro- und Lasergeräten. Aktuell findet man sie zudem an zwei Tagen in der Woche in der physiotherapeutischen Abteilung der Tierklinik Ismaning, wo sie sich insbesondere um frisch operierte orthopädische und neurologische Patienten kümmert. Ihr Ziel ist es, die Lebensqualität ihrer vierbeinigen Patienten zu verbessern und zur schnelleren Genesung nach Operationen beizutragen. Ihr findet Kathrin Schurig im Internet unter VitaliTier oder auch auf Facebook.
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