Wissenschaft

Studie: Katzen erkennen Menschen am Geruch

Können Katzen Menschen am Geruch erkennen? Mit dieser Frage beschäftigt sich eine aktuelle Studie.

Hauskatzen (Felis catus) und Hunde (Canis familiaris) sind sozial lebende Haustiere, deren Interaktion mit Menschen zunehmend Gegenstand verhaltensbiologischer Forschung ist. Während Hunde nachweislich in der Lage sind, menschliche Emotionen aus Mimik und Stimme zu erkennen1Müller, C. A., & Schmitt, K. (2015). Can dogs read human facial expressions? Learning & Behavior, 43(2), 89–97. , zeigen auch Katzen komplexe soziale kognitive Fähigkeiten 2Vitale Shreve, K. R., & Udell, M. A. R. (2015). What’s inside your cat’s mind? Behavioural Processes, 117, 67–72. , etwa im Erkennen der Stimme ihres Halters 3Saito, A., & Shinozuka, K. (2013). Vocal recognition of owners by domestic cats. Animal Cognition, 16(4), 685–690. oder beim Interpretieren von Blickrichtungen4Miklósi A, Pongrácz P, Lakatos G, Topál J, Csányi V. A comparative study of the use of visual communicative signals in interactions between dogs (Canis familiaris) and humans and cats (Felis catus) and humans. J Comp Psychol. 2005 May;119(2):179-86. doi: 10.1037/0735-7036.119.2.179. PMID: 15982161. .

Anders als bei Hunden ist die Forschung zur sozialen Kognition von Katzen jedoch vergleichsweise wenig entwickelt 5Galvan, M., & Vonk, J. (2016). Man’s other best friend: Domestic cats and their discrimination of human emotional faces. Animal Cognition, 19(1), 193–205.. Sozialkognition wird definiert als die Fähigkeit eines Individuums, Absichten, Emotionen und Wahrnehmungen anderer zu erkennen und daraus Handlungen abzuleiten 6Premack, D., & Woodruff, G. (1978). Does the chimpanzee have a theory of mind? Behavioral and Brain Sciences, 1(4), 515–526.. Viele grundlegende Aspekte der sozialen Wahrnehmung bei Katzen – etwa die Frage, ob und wie sie menschliche Individuen anhand sensorischer Reize unterscheiden – sind bislang kaum untersucht.

Dabei ist bekannt, dass der Geruchssinn (Olfaktion) für die soziale Kommunikation von Katzen eine zentrale Rolle spielt 7Miyairi, Y., Kimura, Y., Masuda, K., & Uchiyama, H. (2025). Behavioral responses of domestic cats to human odor. PLOS ONE, 20(5), e0324016. Über Pheromone, Urinmarkierungen und Analdrüsensekrete 8Pageat, P. (1997). Cat pheromones: An update. Advances in Veterinary Science., 9MacDonald, D. W., et al. (1985). Urine marking in wild cats. Behaviour, 95(3–4), 234–256., 10Pageat, P. (2001). Functions and uses of the facial pheromones in the treatment of behaviour problems. Veterinary Research Communications, 25(Suppl 1), 157–160. erhalten sie Informationen zu Geschlecht, Reproduktionsstatus und individueller Identität. Katzen reiben sich im Rahmen von Allorubbing gegenseitig ab, um Gerüche auszutauschen 11Crowell-Davis, S. L. (2007). Social organization of the cat. JAVMA, 231(9), 1371–1375., erkennen den Nestgeruch ihrer Mutter 12Crowell-Davis, S. L. (2007). Social organization of the cat. JAVMA, 231(9), 1371–1375. und speichern deren Körpergeruch langfristig 13 Hudson, R., et al. (2002). Long-term memory of the mother’s odor by young rabbits. Physiology & Behavior, 76(1), 77–81.. Auch zur Individualerkennung über Geruch gibt es Hinweise 14Miyazaki, M., et al. (2006). A major urinary protein of the domestic cat regulates the production of felinine. FEBS Letters, 580(25), 6147–6152.

Ob Katzen diese ausgeprägte olfaktorische Kompetenz auch zur Unterscheidung von Menschen nutzen, war bislang ungeklärt. Bekannte Studien zeigen, dass Katzen zwischen menschlichen Stimmen differenzieren können 15Saito, A., & Shinozuka, K. (2013). Vocal recognition of owners by domestic cats. Animal Cognition, 16(4), 685–690., auf Blicke reagieren 16Miklósi, Á., et al. (2005). Visual communicative signals in dogs and humans. Animal Cognition, 8(1), 60–66. und emotionale Gerüche verarbeiten 17Takagi, S., et al. (2020). Human olfactory cues affect cats’ preference for human contact. Behavioural Processes, 181, 104243. Die Frage, ob sie individuelle Menschen anhand ihres Körpergeruchs unterscheiden, blieb bisher offen.

Hinzu kommt: In anderen Arten wurde eine funktionale Lateralität der Sinnesverarbeitung festgestellt, z. B. bei Hunden oder Pferden – diese zeigen eine Präferenz für das rechte Nasenloch beim Schnuppern unbekannter Reize 18Siniscalchi, M., et al. (2011). Tail wagging laterality in dogs. Current Biology, 21(2), R54–R55.. Auch bei Katzen gibt es Hinweise auf eine solche Asymmetrie, etwa bei der Verarbeitung auditiver Reize 19McComb, K., et al. (2006). Perception of emotion in cat vocalizations. Current Biology, 16(17), 1748–1752.. Ob eine analoge olfaktorische Lateralität besteht, war unklar.

Ziel der Studie

Die Studie von Miyairi et al. (2025) verfolgte das Ziel, zu untersuchen, ob Katzen bekannte und unbekannte menschliche Gerüche unterscheiden können und ob sie dabei einseitige (lateralisierte) Schnupperreaktionen zeigen. Zudem wurde der Einfluss individueller Merkmale wie Geschlecht, Alter, Persönlichkeit (Feline Five 20Gartner, M. C., & Weiss, A. (2013). Personality in felids. Applied Animal Behaviour Science, 144(1–2), 1–13.) und Beziehungsqualität zur Bezugsperson (CORS 21Zasloff, R. L. (1996). Measuring attachment to companion animals. Applied Animal Behaviour Science, 47(1–2), 43–58.) analysiert.

Methodik

Es wurden 30 Hauskatzen in ihrer gewohnten Wohnumgebung getestet. Jede Katze wurde mit drei Geruchsproben konfrontiert:

  • Geruch der Bezugsperson
  • Geruch einer unbekannten Person gleichen Geschlechts
  • Geruchsneutrale Watteprobe als Kontrolle

Die Geruchsproben wurden beim Menschen gewonnen, und zwar über standardisierte Hautabstriche an drei körpernahen Stellen: hinter dem Ohr (präaurikulär), unter der Achsel (axillär) und zwischen den Zehen (interdigital). Diese Bereiche wurden gewählt, weil dort besonders viele apokrine Schweißdrüsen sitzen, die individuelle Geruchsstoffe produzieren. Die Katzen konnten frei zwischen den Proben wählen. Die Dauer des Schnupperns sowie die bevorzugte Nasenlochseite wurden videobasiert erfasst und quantifiziert.

Ergebnisse der Studie

Die Auswertung ergab, dass die Katzen signifikant länger an der Geruchsprobe der fremden Person schnupperten als an der des Halters oder der Kontrollprobe (p < 0,01). Das weist auf eine klare olfaktorische Unterscheidung zwischen bekannten und unbekannten menschlichen Gerüchen hin 22Miyairi, Y., Kimura, Y., Masuda, K., & Uchiyama, H. (2025). Behavioral responses of domestic cats to human odor. PLOS ONE, 20(5), e0324016..

Zudem zeigte sich eine Präferenz für das rechte Nasenloch bei der Erstbegegnung mit dem unbekannten Geruch, ein Hinweis auf die Beteiligung der linken Gehirnhälfte an der Verarbeitung neuartiger olfaktorischer Reize – analog zu Ergebnissen bei Hunden 23Siniscalchi, M., et al. (2011). Tail wagging laterality in dogs. Current Biology, 21(2), R54–R55..

Bei der Verhaltensanalyse ergab sich ein Zusammenhang mit der Persönlichkeitsstruktur: Männliche Katzen mit hoher Neurotizismus-Ausprägung – also Tiere, die laut Haltereinschätzung zu Nervosität, Unsicherheit oder Schreckhaftigkeit neigen – schnupperten länger und wiederholter. Bei weiblichen Tieren zeigte sich kein signifikanter Effekt.

Das Reiben des Gesichts an der Probe (Bunting) trat vor allem nach dem Kontakt mit der Halterprobe auf und wird als soziales Markierverhalten interpretiert.

Fazit

Die Studie liefert erstmals Belege dafür, dass Katzen zwischen menschlichen Individuen anhand des Körpergeruchs unterscheiden können. Die olfaktorische Verarbeitung ist dabei lateralisiert und in Teilen persönlichkeitsabhängig. Diese Ergebnisse erweitern das Verständnis der Mensch-Katze-Beziehung um eine sensorische Dimension, die für die Verhaltenstherapie, Katzenhaltung und tiermedizinische Praxis von Bedeutung sein kann.

Merke-Katze

In a Nutshell / Zusammenfassung

  • Können Katzen Menschen am Geruch erkennen?

     

    Ja. Laut Studie erkennen Katzen bekannte Menschen anhand ihres Körpergeruchs und unterscheiden diesen von fremden Personen.

  • Nutzen Katzen eine bestimmte Nasenseite beim Schnuppern?

     

    Viele Katzen zeigten eine Präferenz für das rechte Nasenloch, insbesondere bei unbekannten Gerüchen.

  • Spielt die Persönlichkeit der Katze dabei eine Rolle?

     

    Ja. Männliche Katzen mit ängstlich-unsicherem Verhalten schnupperten intensiver. Die Reaktion scheint also auch von individuellen Merkmalen abzuhängen.

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