Felis silvestris silvestris
Europäische Wildkatze
Etwas, das in Deutschland lange Zeit so gut wie unmöglich war. Denn die getigerten Katzen wurden im 19. Jahrhundert in Deutschland stark bejagt beinahe ausgerottet, da sie als Konkurrenten des Menschen betrachtet wurden, die sich „sogar am Reh vergreifen“ würden. Nur in abgelegenen Waldgebieten überlebten einzelne Tiere. Die Jagd auf die scheue europäische Wildkatze wurde erst in den 30er Jahren des letzten Jahrhundert verboten und ist heute streng geschützt. Aber sie bleibt zahlreichen Gefahren ausgesetzt.
Heute leben in Deutschland Schätzungen zufolge wieder rund 6000 bis 8000 Exemplare, die meisten davon in Mittel- und Süddeutschland. Jedoch bedroht durch den Straßenverkehr, den Verlust ihres Lebensraums und die Hybridisierung mit Hauskatzen.
Sehen wir uns die Felis silvestris silvestris einmal genauer an.
Verbreitung der Europäischen Wildkatze
Die Europäische Wildkatze (Felis silvestris silvestris) war einst in fast ganz Europa verbreitet – von der Iberischen Halbinsel über Mitteleuropa bis in den Kaukasus und nach Anatolien. Heute lebt sie vor allem in größeren, zusammenhängenden Waldgebieten. Stabile Bestände bestehen in Nordschottland, auf der Iberischen Halbinsel, in Frankreich, Italien und auf dem Balkan.
Zwischen diesen Regionen besteht kaum noch genetischer Austausch, da viele Lebensräume stark zerschnitten sind. In Osteuropa sind die Bestände zwar noch größer als in West- und Mitteleuropa, nehmen dort jedoch durch Wilderei und unzureichenden Schutz rasch ab.
Das Vorkommen in Deutschland
In Deutschland war die Wildkatze im 19. Jahrhundert durch Lebensraumverlust und Verfolgung fast vollständig verschwunden. Nur in wenigen abgelegenen Mittelgebirgswäldern überlebten kleine Restbestände. Heute breitet sich die Art dank gezielter Schutzmaßnahmen und Wiederansiedlungsprojekte wieder aus.
Aktuell lassen sich zwei große Hauptverbreitungsgebiete unterscheiden:
In Eifel, Hunsrück, Pfälzerwald und Taunus in Westdeutschland lebt die größte deutsche Wildkatzenpopulation. Diese Regionen stehen vermutlich untereinander im Austausch und sind mit den Beständen in Ostfrankreich, Belgien und Luxemburg verbunden. Im Pfälzerwald werden rund 200 – 600 Tiere geschätzt, in der Eifel 500 – 1.000, im Hunsrück ebenfalls 500 – 1.000 und im Taunus östlich des Rheins etwa 100 – 200.
Wildkatzenvorkommen gibt es außerdem in den Wäldern im Harz, Solling, Kyffhäuser, Nordthüringen und im Nationalpark Hainich. Südlich angrenzende Gebiete wie der Thüringer Wald und die Rhön gelten als geeignet, beherbergen aber bislang keine stabilen Populationen.
In Bayern gelang es ab 1984, Wildkatzen im Rahmen eines Wiederansiedlungsprojekts des BUND Naturschutz erfolgreich auszuwildern. Dabei wurden Nachzuchten aus zoologischen Einrichtungen in geeignete Waldgebiete entlassen, vor allem im Spessart. Heute gibt es dort sowie in den Haßbergen, im Steigerwald und in der Oberpfalz wieder feste Vorkommen.
Auch aus dem Nürnberger Reichswald, der Fränkischen Schweiz und südlich der Donau, etwa in Wäldern westlich von Augsburg, liegen aktuelle Nachweise vor. Diese Beobachtungen zeigen, dass sich die Art langsam, aber stetig weiter in neue Lebensräume ausbreitet.
Dem mitteldeutschen Verbreitungsgebiet kommt dabei eine Schlüsselrolle als Verbindungskorridor zwischen den west- und osteuropäischen Populationen zu. Um diesen Austausch zu fördern, hat der BUND den Wildkatzenwegeplan ins Leben gerufen – ein deutschlandweites Projekt zur Vernetzung geeigneter Waldgebiete.
Ergänzend läuft seit 2011 eine bundesweite Gen-Inventur, die Wanderbewegungen und den genetischen Austausch der Bestände dokumentiert.
Lebensraum der Wildkatze
Zur Jagd nutzt sie lichte Waldpartien, Waldränder, Hecken und Sukzessionsflächen, wo viele Mäuse vorkommen – ihre Hauptbeute. Auch Wiesen, Feldgehölze und Bachufer werden regelmäßig aufgesucht, sofern sie ausreichend Deckung bieten. Neuere Beobachtungen zeigen, dass Wildkatzen gelegentlich auch strukturreiche Kulturlandschaften außerhalb geschlossener Wälder durchstreifen, wenn Gebüsche oder kleine Gehölze vorhanden sind.
Nachts sind die Tiere aktiv und bewegen sich lautlos entlang fester Wechsel. Tagsüber ruhen sie in dichten Dickichten, hohlen Baumstämmen oder unter Totholz. Bei guten Klettermöglichkeiten nutzen sie auch erhöhte Schlafplätze, etwa in stark verästelten Bäumen oder auf ungenutzten Jagdkanzeln.
Reviergröße und Lebensweise
Die Reviergröße variiert je nach Nahrungsangebot. Weibliche Wildkatzen nutzen meist Gebiete zwischen 300 und 800 Hektar, während Kater deutlich größere Streifgebiete von bis zu 3.000 Hektar beanspruchen können. Die Reviere der Männchen überlappen sich teilweise, während Weibchen ihre Territorien stärker voneinander abgrenzen.
Als scheue Einzelgänger meiden Wildkatzen menschliche Siedlungen und benötigen ruhige, störungsarme Lebensräume. Ihr langfristiger Erhalt hängt von vernetzten, naturnahen Waldgebieten und strukturreichen Übergangsbereichen zwischen Wald und Offenland ab.
Aussehen der Felis silvestris silvestris
Wildkatzen wirken insgesamt kräftiger, gedrungener und massiger gebaut, mit dichterem Fell und breiterem Kopf.
Das Fell ist grau bis graubraun gefärbt und wirkt verwaschen getigert, nicht so kontrastreich wie bei Hauskatzen. Ein dunkler Aalstrich verläuft deutlich über den Rücken bis zur Schwanzwurzel. Häufig ist ein heller Kehlfleck zu erkennen, die Schenkelinnenseiten zeigen oft eine rötliche Färbung. An den Hinterfußsohlen findet sich meist ein kleiner dunkler Fleck, die Krallen sind hell und hornfarben.
Der Schwanz ist eines der sichersten Erkennungsmerkmale: Er ist dick, buschig und stumpf endend, meist mit zwei bis drei deutlich abgegrenzten schwarzen Ringen und einer schwarzen Endspitze. Im Vergleich wirkt der Schwanz der Hauskatze länger, dünner und läuft spitz zu.
Der Kopf der Wildkatze erscheint breiter, mit einer kurzen, kräftigen Schnauze und rundlich kleinen Ohren, die seitlich im Fell verschwinden. Die Augen stehen weit auseinander, der Nasenspiegel ist hell fleischfarben, die Schnurr- und Tasthaare sind kräftig und weiß. Das Gesicht wirkt insgesamt wuchtiger und weniger „zierlich“ als bei Hauskatzen.
Junge Wildkatzen können in den ersten Lebensmonaten noch stärker getigert sein, was eine sichere Unterscheidung von Hauskatzen zunächst erschwert. Erst mit zunehmendem Alter wird das Fell gleichmäßiger und der typische buschige Schwanz voll ausgeprägt.
Männliche Wildkatzen – in der Jägersprache Kuder genannt – erreichen eine Gesamtlänge von etwa 83 bis 97 Zentimetern und wiegen 3 bis 6,5 Kilogramm. Weibchen bleiben etwas kleiner und leichter, mit 73 bis 94 Zentimetern Gesamtlänge und einem Gewicht von rund 2,3 bis 4,9 Kilogramm.
Verhalten der Europäischen Wildkatze
Wildkatzen sind Einzelgänger, die feste Reviere bewohnen und diese regelmäßig kontrollieren. Begegnungen zwischen erwachsenen Tieren sind selten und erfolgen meist nur zur Paarungszeit.
Trotz ihrer zurückgezogenen Lebensweise gilt die Wildkatze als intelligent, lernfähig und sehr vorsichtig. Ihre Sinnesorgane – insbesondere Gehör und Geruchssinn – sind hervorragend entwickelt und machen sie zu einer äußerst effizienten Pirschjägerin.
Die Tiere bewegen sich dabei leise und zielstrebig entlang vertrauter Wechsel. Sie können sich blitzschnell anpirschen und ihre Beute mit einem gezielten Sprung ergreifen. Bei Gefahr fliehen sie nicht sofort, sondern ziehen sich lautlos in Deckung zurück und verharren reglos – eine Strategie, die ihnen in dichtem Bewuchs beste Tarnung verschafft.
Ernährung der getigerten Raubtiere
Aas und pflanzliche Nahrung spielen nur eine untergeordnete Rolle und werden in Notzeiten aufgenommen. Der Jagderfolg hängt stark von der Jahreszeit und dem Kleinsäugeraufkommen ab – in mageren Jahren kann die Wildkatze ihr Verhalten anpassen und größere Streifgebiete nutzen.
Fortpflanzung und Nachwuchs
Kommt es zur Paarung, zieht sich das Weibchen anschließend in ein geschütztes Versteck zurück.
Nach einer Tragzeit von etwa 63 bis 70 Tagen bringt sie im April oder Mai, gelegentlich auch im Juni, zwei bis vier Jungtiere zur Welt; in seltenen Fällen können es bis zu sechs sein. Die Geburt erfolgt meist in Baumhöhlen, Wurzeltellern, Reisighaufen oder in verlassenen Fuchs- oder Dachsbauten, die Schutz vor Feuchtigkeit und Fressfeinden bieten.
Die Kätzin kümmert sich allein um den Nachwuchs. In den ersten Wochen verlässt sie die Jungen nur, um zu jagen. Sie trägt sie dabei immer wieder in neue, sichere Verstecke – häufig in Totholzstrukturen oder Reisighaufen am Waldboden. Ab Juni und Juli beginnen die Jungtiere, ihrer Mutter auf Streifzügen zu folgen und erste Jagdversuche zu unternehmen.
Im Spätsommer jagen sie zunehmend selbstständig, und im Herbst löst sich die Familiengemeinschaft vollständig auf. Mit etwa sechs bis acht Monaten erreichen junge Wildkatzen die Geschlechtsreife und suchen sich eigene Reviere. Die Sterblichkeitsrate bei Jungtieren ist hoch; viele überleben den ersten Winter nicht.
Wildkatzen können ein Alter von etwa sieben bis fünfzehn Jahren erreichen. Zwar sind Kreuzungen mit Hauskatzen grundsätzlich möglich, doch kommen sie in freier Wildbahn in Deutschland eher selten vor. Das liegt vor allem daran, dass Wildkatzen den Kontakt zu menschlichen Siedlungen meiden und sich bevorzugt in abgelegenen Wäldern
aufhalten. Nichtsdestotrotz ist die Hybridisierung bei der Gefährdung der wilden Katzen ein Problem.
Achtung: Nicht versehentlich Wildkätzchen sichern!
Im Frühjahr, wenn Wildkatzen ihren Nachwuchs zur Welt bringen, kommt es in Gegenden, in denen die Europäische Wildkatze heimisch ist, immer wieder vor, dass Spaziergänger vermeintlich verlassene getigerte Katzenkinder im Wald entdecken und mitnehmen.
Manchmal handelt es sich dabei jedoch nicht um ausgesetzte Hauskatzen, sondern um junge Wildkatzen, deren Mutter nur vorübergehend auf Jagd ist.
Was gut gemeint ist, kann für die Tiere fatale Folgen haben:
Die Wildkätzchen lassen sich nicht zähmen, reagieren auf Menschenkontakt mit großem Stress und müssen anschließend in Wildtierstationen aufwendig mit der Hand aufgezogen und, wenn möglich, wieder ausgewildert werden.
Wer also beim Spaziergang mutterlos scheinende Kätzchen hört oder sieht, sollte die Tiere auf keinen Fall anfassen oder mitnehmen. Abstand halten und die Umgebung verlassen ist die beste Hilfe – die Mutter kehrt in der Regel zurück, sobald es wieder ruhig ist.
Nur wenn ein Tier offensichtlich verletzt oder verwaist ist, sollte der BUND, eine Wildtierauffangstation oder eine Tierärztin / ein Tierarzt informiert werden. Auch wenn eine Katze bereits gesichert wurde und der Verdacht besteht, dass es sich um eine Wildkatze handeln könnte, sollte schnellstmöglich professionelle Hilfe gesucht werden, damit das Tier richtig versorgt werden kann.
Gefährdung und Schutz der Europäischen Wildkatze
Obwohl sich die Europäische Wildkatze in Deutschland langsam wieder ausbreitet, gilt sie laut Roter Liste weiterhin als gefährdet – in Bayern sogar als stark gefährdet. Sie steht unter strengem Schutz nach dem Bundesnaturschutzgesetz und der FFH-Richtlinie der EU.
Die größte Bedrohung für die Art ist die Zerschneidung ihrer Lebensräume durch Straßen, Siedlungen und intensive Landwirtschaft. Wildkatzen meiden offenes Gelände und bleiben dadurch oft in kleinen Waldinseln „gefangen“. Ohne Verbindungskorridore können sich die Tiere kaum austauschen, was zu Inzucht und Krankheitsanfälligkeit führt.
Projekte wie der „Wildkatzensprung“ des BUND schaffen deshalb grüne Korridore aus Büschen und Hecken, die einzelne Waldgebiete wieder miteinander verbinden.
Auch der Rückgang alter Laub- und Mischwälder gefährdet die Art. In forstlich genutzten Monokulturen finden Wildkatzen weder Deckung noch ausreichend Nahrung. Naturnahe, ungestörte Wälder mit Totholz und dichter Vegetation sind für ihr Überleben entscheidend.
Ein weiteres großes Risiko ist der Straßenverkehr – besonders für junge Tiere, die neue Gebiete erkunden. Immer wieder werden Wildkatzen zudem versehentlich abgeschossen, weil sie mit verwilderten Hauskatzen verwechselt werden.
Zunehmend problematisch ist auch die Vermischung mit Hauskatzen (Hybridisierung). Fruchtbare Mischlinge gefährden die genetische Eigenständigkeit der Wildkatze und können Krankheiten übertragen. Daher fordern neben Tierschutzvereinen auch Naturschutzverbände eine Kastrationspflicht für Freigängerkatzen.
Quellen (u. a.)
Online verfügbar unter: https://www.bund-nrw.de/themen/wildkatze/europaeische-wildkatze/verbreitung-in-deutschland/ (Zugriff am 14. Oktober 2025).
BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) (o. J.): Wild oder Hauskatze?
Online verfügbar unter: https://www.bund-nrw.de/themen/wildkatze/europaeische-wildkatze/wild-oder-hauskatze/ (Zugriff am 14. Oktober 2025).
BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN) (2024): Europäische Wildkatze – Lebensraum, Verbreitung und Schutz in Bayern.
Online verfügbar unter: https://www.bund-naturschutz.de/tiere-in-bayern/wildkatze (Zugriff am 14. Oktober 2025).
BUND Naturschutz in Bayern e. V. (BN) (2023): Projekt „Wildkatzenwälder von morgen“.
Online verfügbar unter: https://www.bund-naturschutz.de/tiere-in-bayern/wildkatze/projekt-wildkatzenwaelder-von-morgen (Zugriff am 14. Oktober 2025).
Bundesamt für Naturschutz (BfN) (o. J.): Felis silvestris – Wildkatze.
Online verfügbar unter: https://www.bfn.de/artenportraits/felis-silvestris (Zugriff am 14. Oktober 2025).
Landesamt für Umwelt Bayern (LfU) (2022): Steckbrief: Felis silvestris – Europäische Wildkatze.
Online verfügbar unter: https://www.lfu.bayern.de/natur/sap/arteninformationen/steckbrief/zeige?stbname=Felis+silvestris (Zugriff am 14. Oktober 2025).
Waldwissen.net (2023): Die Europäische Wildkatze – Lebensweise, Verbreitung und Schutz.
Online verfügbar unter: https://www.waldwissen.net/de/lebensraum-wald/tiere-im-wald/saeugetiere (Zugriff am 14. Oktober 2025).
IUCN – International Union for Conservation of Nature (2023): Felis silvestris – European Wildcat. The IUCN Red List of Threatened Species.
Online verfügbar unter: https://www.iucnredlist.org/species/60354712/50652361 (Zugriff am 14. Oktober 2025).