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Vor nicht allzu langer Zeit wurde ja mal wieder eine altbekannte Sau durchs Social-Media-Dorf getrieben. Und zwar die Gefahr, sich bei der Rohfütterung, besser bekannt als B.A.R.F., mit gefährlichen Keimen zu infizieren. Während die einen (mal wieder) propagierten, am besten ganz auf rohes Fleisch zu verzichten, weil Fertigfutter voll keimfrei und gesund und so, hielt die andere Fraktion dagegen, machte sich über die Warnung lustig und stellte Vergleiche mit Toilettentüren an. Wenn ihr mich fragt, beides nicht das Gelbe vom Ei. Denn wie so oft liegt die Wahrheit dazwischen.

Verantwortlich für die letzte Debatte war ein Paper (also eine wissenschaftliche Veröffentlichung) aus den Niederlanden, das sich mit zoonotischen Bakterien und Parasiten in B.A.R.F.-Futtermitteln für Katzen und Hunde befasste. Zoonotisch bedeutet, dass ihr Zweibeiner euch über eure Samtpfoten (oder ein anderes Tier) mit den jeweiligen Parasiten und Bakterien anstecken könntet und umgekehrt. Außerdem wurden die allgemeine mikrobiologische Qualität (gesamte Bakterienzahl) und die Hygienequalität (auf Basis von E. coli) beurteilt. Alles grundsätzlich nicht verkehrt und durchaus für uns Menschen im Umgang mit rohem Fleisch, aber auch für unsere Miezen (besonders diejenigen, die kein ganz so tolles Immunsystem haben) von Bedeutung.

Was wurde dabei jetzt untersucht?

Im Rahmen der Untersuchung wurden 35 Rohfleischfuttermittel (eingefroren bei -18°C) von 8 unterschiedlichen Marken und 14 Einzelhändlern in und um Utrecht gekauft und bis zur Analyse wie auf dem Etikett empfohlen gelagert. 15 der 35 Produkte (43 %) enthielten nur Fleisch und tierische Nebenprodukte, von denen 5 Fleisch und Nebenprodukte von nur einer einzelnen Tierart (Hähnchen und Kaninchen) enthielten, 20 (57 %) enthielten zusätzlich zum Fleisch und den Nebenprodukten auch noch andere Zutaten, wie Reis oder Gemüse. Fleisch und tierische Nebenprodukte in den untersuchten Futtermitteln stammten von Hähnchen, Rind, Lamm, Ente, Kaninchen, Pferd und Pute.

Untersucht wurden die kommerziellen B.A.R.F.-Mahlzeiten auf vier zoonotische Bakterien und zwei Parasitenarten.

Genau genommen auf:

  • E. coli 0157:H7
  • ESBL-bildende E. coli (antibiotikaresistente Keime)
  • Listeria monocytogenes
  • Salmonella-Spezies
  • Toxoplasma gondii
  • Sarcocystis-Spezies

Und was ergab die Untersuchung?

Keim Gefunden in Produkten In Prozent
E. coli 0157:H7 8 23
ESBL-bildende E. coli 28 80
Listeria monocytogenes 19 54
Andere Listerien-Spezies 15 43
Salmonella-Spezies 7 20
Sarcocystis cruzi 4 11
Sarcocystis tenella 4 11
Toxoplasma gondii 2 6

Die insgesamte mikrobielle Qualität der Futtermittel war akzeptabel, zwei Produkte überschritten jedoch die Hygienekriterien, die für Hack- und Separatorenfleisch für den menschlichen Verzehr angewandt werden. Auch hinsichtlich der Hygienekriterien für E. coli erfüllten 40 % der getesteten Produkte die minimalen Hygieneanforderungen für den menschlichen Verzehr nicht.

Und wie schätzten die Forscher die Ergebnisse ein?

Die Wissenschaftler empfehlen, Menschen auf mögliche Risiken in Verbindung mit der Fütterung von Haustieren hinzuweisen und Haustierbesitzer über persönliche Hygiene und den richtigen Umgang mit Rohfleischmahlzeiten zu schulen. Zudem sollen Warn- und Handhabungshinweise auf Produkt-Etiketten angebracht werden.

Sie weisen außerdem daraufhin, dass die geringe Stichprobengröße und keine randomisierte Auswahl in dieser Studie keine Verallgemeinerung der Infektionsraten und keine Risikoanalyse erlauben.1

Was kann uns das jetzt sagen?

Dass beim Umgang mit rohem Fleisch, egal ob jetzt für den menschlichen Verzehr oder für unsere Katzen, Risiken bestehen, ist kein Geheimnis. Aber es ist immer die Frage, wie man mit diesen umgeht.

Das ist im Endeffekt wie beim Fahrradfahren. Wenn man aufs Rad steigt, kann immer etwas passieren. Es besteht immer die Gefahr, dass man stürzt oder in einen Unfall verwickelt wird. Man kann jetzt deswegen das Rad in die Ecke stellen und nie mehr anrühren, man kann aber auch einen Helm aufsetzen und auf dem Radweg fahren und nicht mitten auf der Straße. Je nachdem, wie es um die eigene Gesundheit so bestellt ist, kann es aber auch besser sein, auf das Radfahren ganz zu verzichten. Obwohl es eigentlich gesund ist.

Wer barft, übernimmt Verantwortung für die Ernährung seiner Samtpfoten. Und genauso wie man wissen muss, dass falsches Barfen gesundheitliche Schäden nach sich ziehen kann, so muss man auch wissen, dass der Umgang mit rohem Fleisch mit Risiken verbunden ist und mit welchen Hygienemaßnahmen man diese zum eigenen Vorteil und zum Vorteil der eigenen Haustiger soweit möglich minimieren kann. Und das ist eigentlich gar nicht so schwierig.

Einen ganz wichtigen Punkt hat die Nachwuchs-Gefrierschranköffnerin hier schon im Kindergarten gelernt: „Hände waschen, Hände waschen, muss ein jedes Kind. Hände waschen, Hände waschen, bis sie sauber sind!“ *sing* ;-)

Weitere sinnvolle Hygienemaßnahmen bei der Rohfütterung

Katzen barfen

© the3cats / pixabay.com

Sinnvolle Maßnahmen beim Fleisch-/Futterkauf

  • kein Fleisch aus Holland (Scherz) ;-)
  • Verzicht auf Fleisch aus Massentierhaltung
  • bei Anbietern vor Ort und Frostfleischversendern genau hinsehen und ggf. Informationen zum Einhalten der Kühlkette bei der Verarbeitung, Lagerung, Hygienemaßnahmen und Bezugsquellen erfragen

Kühlkette einhalten, richtig auftauen, schnell verarbeiten

  • Fleisch immer über mindestens 10 Tage bei min. -20°C einfrieren (Gefrierthermometer zur Sicherheit)
  • BARF-Mahlzeiten und rohes Fleisch immer im Kühlschrank auftauen lassen (viele Keime, insbesondere Bakterien ruhen bei Gefriertemperaturen, werden aber beim Auftauen wieder aktiviert und vermehren sich bei Zimmertemperatur oder beim Auftauen in warmem Wasser verdammt schnell)
  • Kühlkette einhalten und sicherstellen, dass der Anbieter dies auch tut (speziell im Sommer lieber Expresslieferung wählen, mit Kühltasche/-box einkaufen gehen)
  • Fleisch so kurz wie möglich im Kühlschrank lagern (Hack max. 6-8 Std., Fisch max. 12 Std., „normales“ Fleisch max. 2 Tage)
  • Fleisch in geschlossenen Behältern im Kühlschrank getrennt von anderen Lebensmitteln lagern
  • Fleisch nur soweit auftauen, wie notwendig (angetaut schneidet es sich auch besser) und so schnell wie möglich wieder einfrieren (Gerät mit Schnellfrosttaste o. ä.).
  • Verpackungen beim Auftauen anschneiden
  • Auftauwasser bei riskanten Fleischsorten (wie Geflügel) wegschütten
  • Insbesondere Geflügelfleisch nicht in der Mikrowelle auftauen

Sinnvolle Hygienemaßnahmen bei der Zubereitung

  • Hände vor und nach der Zubereitung gründlich mit Wasser und Seife waschen
  • Einmalhandschuhe verwenden
  • Fleisch-/Futterverpackungen direkt ausspülen und nach der Zubereitung in die Tonne und nicht in den Abfallbehälter in der Küche
  • Brettchen, Schüsseln, Messer und andere Utensilien nach der Zubereitung mit Spülmittel unter sehr heißem Wasser reinigen; auf Kunststoff verzichten
  • Spüllappen und Geschirrtücher nach der Zubereitung in die Kochwäsche
  • Spülschwamm min. 1x pro Woche und Spülbürste regelmäßig austauschen, ggf. eigene Schwämme und Bürste für die Katzen verwenden und getrennt lagern
  • Spüle gründlich sehr heiß reinigen (ggf. Dampfreiniger sofern vorhanden)
  • Küchenpapier für die erste grobe Reinigung verwenden
  • Küchenboden möglichst heiß (ggf. Dampfreiniger) reinigen, Bodenlappen ebenfalls in die Kochwäsche

Sinnvolle Hygienemaßnahmen bei der Fütterung

  • Futternäpfe aus Glas oder Keramik verwenden
  • Näpfe täglich sehr heiß reinigen
  • Fressteppiche aus Baumwolle (maschinenwaschbar) vor den Futterplatz, für Katzen, die gerne vor und neben dem Napf fressen
  • Futterplatz täglich reinigen (ggf. Dampfreiniger, wenn vorhanden)
  • Futterportionen im Sommer kühl halten (z. B. mit Warmhalteteller mit gefrorenem Wasser)
  • gebrauchte Gefrierbecher direkt sehr heiß ausspülen
  • Abfallbehälter regelmäßig leeren und min. 1x wöchentlich heiß ausspülen
  • Katzen ggf. bei Gabe von Beutetieren (Eintagsküken usw.) in einem Raum einsperren, der sich gut reinigen lässt (z. B. Badezimmer) oder draußen füttern

Besondere Fälle, besondere Maßnahmen

In den meisten Fällen sind die aufgeführten Maßnahmen vollkommen ausreichend, um das Risiko für eine Gefährdung von Mensch und Tier durch den Umgang bzw. den Verzehr mit rohem Fleisch zu minimieren.

Besondere Vorsicht ist jedoch z. B. geboten, wenn…

… eine Schwangerschaft besteht.

… man selbst unter einer Immunschwäche leidet/immunsuppressive Medikamente erhält.

… kleine Kinder im Haushalt leben.

… die Katze chronisch krank ist.

… die Katze unter einer Immunschwäche leidet/immunsuppressive Medikamente erhält.

… die Katze trächtig ist oder gerade Kätzchen säugt.

… es sich um sehr junge Kitten handelt.

… die Katze untergewichtig ist/gepäppelt werden muss.

In diesen Fällen sollte man wirklich je nach Fall im Hinblick auf Keime riskantere Fleischsorten (z. B. Geflügel) meiden und/oder wenn man selbst nicht fit ist ggf. jemand anderen im Haushalt mit der Zubereitung und Fütterung betrauen. In einigen Fällen, z. B. bei Katzen mit einer chronischen Toxoplasmose oder wenn man selbst z. B. unter einer erworbenen oder angeborenen Immunschwäche leidet oder einer therapeutisch unterdrückten Immunfunktion (z. B. nach Organtransplantation) unterliegt, kann es wirklich besser sein, Fleisch für die Katzen durchzuerhitzen und nicht roh zu füttern oder auf hochwertiges Nassfutter zurückzugreifen.

Hinsichtlich insbesondere antibiotikaresistenter Keime, aber auch anderer, ist es besser, Fleisch aus Massentierhaltung zu meiden und Produkten aus Weidehaltung (möglichst bio und nicht gewolft) den Vorzug zu geben.

Babys/Kleinkinder und gebarfte Katzen

Löwe mit Baby

© SarahRichterArt / pixabay.com

Auch in Haushalten mit kleinen Kindern können die Katzen durchaus roh gefüttert werden, jedoch sollten Babys nicht in der Spüle gebadet werden/das BARF nicht in der (Baby-)Badewanne aufgetaut werden und der Nachwuchs von den Futterplätzen und Näpfen ferngehalten werden (nicht nur bei BARF, sondern insbesondere auch bei Trockenfutter!). Das lässt sich z. B. gut mit chipgesteuerten Futterautomaten oder Gitterelementen erreichen und wird oftmals auch von den Miezen geschätzt, die gerne ungestört futtern möchten.

Dass man sich die Hände nach Kontakt mit rohem Fleisch/BARF gründlich wäscht, bevor man das Baby wieder auf den Arm nimmt, sollte selbstverständlich sein.

In den USA warnen Kinderärzte übrigens unter anderem auch vor Trockenfutter, in dem immer wieder Salmonellen und andere Keime gefunden werden. Zahlreiche Rückrufaktionen bezüglich Salmonellen betreffen Trockenfutter. In den USA gab es zum Beispiel über einen Zeitraum von drei Jahren immer wieder Salmonelleninfektionen beim Menschen (meist Kindern im Alter von bis zu zwei Jahren), die sich letztlich auf kontaminiertes Trockenfutter für Hunde und Katzen aus einer bestimmten Produktionsstätte zurückverfolgen ließen.2

  1. van Bree, FPJ., Bokken, GCAM., Mineur, R., Franssen, F., Opsteegh, M., van der Giessen, JWB., Lipman, LJA., Overgaauw, PAM. (2018) Zoonotic bacteria and parasites found in raw meat-based diets for cats and dogs Veterinary Record 182, 50. []
  2. Behravesh, Ferraro, Deasy et al. (2010) Human Salmonella Infections Linked to Contaminated Dry Dog and Cat Food, 2006 – 2008. Pediatrics Sep 2010, 126 (3) 477-483; DOI: 10.1542/peds.2009-3273 []