Gerade im Herbst liest man immer wieder neugierige oder sogar besorgte Fragen, was denn mit der Katze los sei, weil sie plötzlich fresse „wie ein Scheunendrescher“. Zudem wird – mal davon abgesehen, dass wir nicht fressen, sondern dinieren bitteschön – auch noch mit solch bösen Wörtern wie Tierarzt oder Blutabnahme um sich geworfen. Dabei ist das, was wir machen vollkommen logisch und natürlich. Und warum dem so ist, erzähle ich euch in dieser Ausgabe von „Emma erklärt“.

Eigentlich hätte die ja schon viel früher fertig sein sollen, aber – ihr ahnt es – ich war mit dem Aufbau meiner Isolierungsschicht beschäftigt. ;-)

Aber beginnen wir am Anfang. Wie ihr ja sicherlich wisst, ist es im Sommer länger hell als im Winter. Fachsprachlich nennt man das auch Photoperiode. Viele Tiere, darunter wir Katzen, reagieren auf diese Unterschiede in der Tageslichtlänge recht empfindlich, was sich zum Beispiel bei unseren unkastrierten Kollegen im Sexualzyklus zeigt.

Denn unter natürlichen Verhältnissen (also draußen, ohne Kunstlicht) setzt die Rolligkeit in der Regel wenn die Tage kürzer werden aus, und das Zyklusgeschehen beginnt erst dann erneut, wenn die Tage wieder länger werden und eine Tageslichtlänge von 12 bis 14 Stunden täglich erreicht wird.

Damit unser Körper weiß, wann diese Tageslänge erreicht ist, haben wir (wie auch andere Wirbeltiere) eine praktische Einrichtung namens Pinealorgan, besser bekannt als Zirbeldrüse, die das Schlafhormon Melatonin bildet. Melatonin wird nur in der Dunkelheit gebildet, entsprechend wird im Winter (kurze Tage) am meisten und im Sommer (lange Tage) am wenigsten Melatonin ausgeschüttet.

Soweit so gut. Diese durch Melatonin gesteuerten Jahresrhythmen haben aber nicht nur Einfluss auf unsere Fortpflanzung, sondern helfen uns auch dabei, viele weitere Anpassungen durchzuführen, die notwendig sind, um mit saisonal unterschiedlichen Lebensbedingungen klarzukommen.

So wird zum Beispiel auch der Fellwechsel über die Tageslichtlänge und die Melatoninproduktion aktiviert und – um nach diesem Exkurs dann auch mal wieder zum Thema zu kommen – beide haben (neben den Umgebungstemperaturen) auch Auswirkungen auf die Futteraufnahme. Deshalb futtern wir im Spätherbst und Winter (etwa von Oktober bis Februar) am meisten und in den Sommermonaten (etwa von Juni bis August) am wenigsten.

„Also setzen wir euch in der kalten Jahreszeit künftig auf Diät damit ihr nicht fett werdet?“

Auf keinen Fall! Schlaue Leute, die das was ich euch eben erzählt habe, untersucht haben, haben nämlich herausgefunden, dass sich das vorübergehende „Mehr Futtern“ (anders als bei euch Menschen *duck*) bei uns langfristig nicht auf unser Körpergewicht auswirkt. Ha!

Nehmt also bitte Rücksicht auf unsere natürlichen Bedürfnisse und lasst uns im Herbst und Winter nicht hungern. Pocht auch nicht so sehr auf feste Futtermengen, sondern passt die Futtermenge gegebenenfalls saisonal an. Entspannender für euch und entspannender für uns. Gleicht sich in der Regel auch wieder aus. Denn was wir in der kalten Jahreszeit mehr verdrücken, futtern wir im Sommer oft weniger.

Und ganz wichtig: Bei Jungkatzen gibt es diese saisonalen Anpassungen noch nicht. Die sollen und dürfen unabhängig von der Jahreszeit soviel futtern, wie sie mögen, um große, starke Katzen zu werden.

Quellen u. a.

  • Von Engelhardt W, Breves G, Diener M, Gäbel G (2015). Physiologie der Haustiere (5. Auflage). S. 512-513
  • Serisier, Samuel et al. “Seasonal variation in the voluntary food intake of domesticated cats (Felis catus)”  PloS one 9,4 e96071. 23 Apr. 2014, doi:10.1371/journal.pone.0096071
  • Bermingham, Emma & Weidgraaf, Karin & Hekman, Margreet & Roy, Nicole & H Tavendale, M & Thomas, David. (2012). Seasonal and age effects on energy requirements in domestic short-hair cats ( Felis catus ) in a temperate environment. Journal of animal physiology and animal nutrition. 97. 10.1111/j.1439-0396.2012.01293.x.
  • Kappen, K. L., Garner, L. M., Kerr, K. R. and Swanson, K. S. (2014), Effects of photoperiod on food intake, activity and metabolic rate in adult neutered male cats. J Anim Physiol Anim Nutr, 98: 958-967. doi:1111/jpn.12147

Sonst noch in der Reihe „Emma erklärt“ erschienen:

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